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Intendant Revuetheater Friedrichstadt-Palast

Dr. Berndt Schmidt

Wo?

Berlin

Datum

Mai 2020

Fotograf

Viviane Wild

Bitte beschreiben Sie diesen Ort (und das Leben hier zu normalen Zeiten).

Ich bin Dr. Berndt Schmidt, Intendant des Friedrichstadt-Palastes. Wir sind hier mitten in Berlin, mitten im Leben, am Platz, der summt und zu dieser Zeit – am frühen Nachmittag – langsam Fahrt aufnimmt. Die Leute kommen zum Arbeiten, tragen sich ein, bereiten die Show vor. In drei bis vier Stunden kommen die ersten Künstlerinnen und Künstler und machen sich warm. Und jetzt ist stattdessen Stille und Leere. Abwesenheit von Kunst und das macht es glaube ich ganz schlimm.

Manche Mitarbeiter haben hier recht wenig zu tun wie das Ballett und die Showband, die sind zu 90% auf Kurzarbeit und haben nur 4 Stunden, die sie die Woche über arbeiten und –meist Zuhause – für sich musizieren und proben. Andere wiederum haben sehr viel zu tun, wie im Vermarktungsbereich und in der Tickethotline. Wir wickeln grade 70.000 Tickets ab, die wir zurückgeben müssen. Die Leute haben wahnsinnig viel zu tun und haben Überstunden statt Kurzarbeit.

Bitte beschreiben Sie Ihre aktuelle Situation?

Wir sind ein Ort der Unterhaltung, an den Leute kommen, um einfach im grauen Alltag ein bisschen Farbe zu tanken und jetzt ist auch dieser Ort farblos und das ist schwierig. Normalerweise sagt man „the show must go on“ und jetzt sehen wir, dass es überhaupt nicht so ein Imperativ ist. Die Show geht nicht weiter, obwohl wir wollten und das zeigt uns Grenzen sowie Lücken auf, die sehr groß und schmerzhaft sind und man muss sehen, wie man aus dieser Lücke wieder rauskommt. Denn das ist kein Zustand auf die Dauer. Das gibt es eigentlich nur in Pandemiezeiten und Kriegszeiten, was hier passiert und an beides darf man sich nicht gewöhnen.

Was erwarten Sie für sich persönlich von der Zukunft?

Ich bin sicher, es gibt Kunst nach Corona und auch Live-Kunst und Kunst, bei der man sich nahekommt. Wie lange das dauert, ist nicht sicher und wie schnell wir uns wieder einander vertrauen, das ist auch nicht sicher. Sind es Traumata, die noch lange nachhallen oder vertraut man sich schnell wieder – dass der andere eine Bereicherung ist und kein Gesundheitsrisiko. Insofern wird es spannend, was die Zukunft bringt, aber ich denke, die Probleme, die Corona auslöst, sind erst mal sehr viel größer als das Virus. Ich glaube, die Folgeschäden sind bedeutsamer als das Virus und insofern traue ich mir keine Prognose für die Zukunft zu. Sie ist unglaublich dynamisch und daher unvorhersehbar.

Fünfzehn Profifotografen und Fotografinnen, vom Alpenvorland bis Sylt porträtieren deutschlandweit Menschen in der Corona-Auszeit.

Aus.Zeit 2020 ist ein Not-for-Profit-Projekt der Werbeagentur brandcom. Entstanden aus dem Impuls, den Moment festzuhalten, ohne Gewinnausrichtung.